Im Job läuft es richtig gut? Dein Chef ist zufrieden mit dir? Ein Kunde hat sich bei dir bedankt?
Es ist also alles in Ordnung, du lächelst und lehnst dich zufrieden zurück. Alles ist gut, und es gibt keinen Grund irgendetwas zu tun. Den Erfolg genießen und mal durchschnaufen. Psychologisch gesehen völlig verständlich.
Aber wenn du etwas für dich und für deinen beruflichen Erfolg tun willst, dann gibt es etwas, was du genau JETZT tun solltest: Ernten und vorsorgen! Ein schönes dickes Argumentationspolster anlegen.
Weißt du genau, was die Zukunft bringt? Wo stehst du in 1 Jahr, in 5 oder 10 Jahren? Und wo steht die Firma?
In 1 Jahr (oder 2 oder 3…) … arbeitest du in einem neuen Projekt … gehst in Elternzeit …. kommst mit deinem neuen Chef nicht klar … ist dein Unternehmen verkauft worden…
Irgendwann willst (oder musst) du etwas Anderes machen. Und genau jetzt brauchst du ein Arbeitszeugnis. Ein gutes, aussagekräftiges Arbeitszeugnis. Und wer weiß jetzt noch, wie das vor 5 Jahren war? Du. Denn du hast diesen Tipp befolgt und vorgesorgt. In guten Zeiten.
Passend dazu ein neues Gerichtsurteil:
Arbeitnehmer tragen die Beweislast für ein gutes oder sehr gutes Arbeitszeugnis (BAG, Az.: 9 AZR 584/13).
Das sagen die Richter: Eine Drei – das sei die „mittlere Note der Zufriedensheitsskala“, schlussfolgert das Bundesarbeitsgericht (BAG) messerscharf. Doch nicht nur das – eine Drei ist in Arbeitszeugnissen künftig das Maß der Dinge, haben die höchsten Arbeitsrichter entschieden. Wer eine bessere Bewertung will, muss darlegen, warum der Chef ein gutes oder sehr gutes Zeugnis hätte schreiben müssen. Hinter dem Urteil stand offenbar der Wille, die arg ramponierte Aussagekraft von Arbeitszeugnissen zu stärken. Diese müssten „nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend“ sein, so das BAG. (Quelle: impulse.de)
Ein gutes Arbeitszeugnis ist ein Langzeitprojekt. In der Sammelphase macht es wenig Arbeit.
Was du unbedingt tun musst – vom ersten Tag des Berufslebens an: Du sammelst Zeugnisse, Referenzen, Rückmeldungen aller Art. Und zwar gerade dann, wenn alles richtig schön glatt und rund läuft. Denn dann ist es leicht, positive Feedbacks zu bekommen – du kannst die reifen Früchte ernten.
- Ein Kunde hat sich sehr bei dir bedankt: Bitte ihn um einen Gefallen. Ob er dir nicht einen Zweizeiler (nicht mehr!) dazu per Mail schicken kann? Das würde dir sehr helfen.
- Die Präsentation ist sehr gut gelaufen: Notizen machen: Anlass, wann, wo, wer war anwesend? Kommentare dokumentieren.
- In einer E-Mail wird erwähnt, dass ein sehr guter Vorschlag von dir gekommen ist oder dass du kurzfristig eingesprungen bist und aus einer Notlage geholfen hast. Sammeln.
All diese Feedbacks, Danksagungen, Notizen sammelst du in einem Ordner. Einfach abheften. Es dauert, bis ihre Zeit kommt.
Die Zeit ist da, wenn sich in deinem Job etwas Grundlegendes ändert. Dazu gehören auch Ereignisse, die auf den ersten Blick gar nicht dein Arbeitsgebiet betreffen. Dein langjähriger Chef, mit dem du dich gut verstehst, wechselt seinen Job oder geht in Rente. In deinem Job läuft alles gut, und der bleibt auch erst einmal unverändert. Doch was kommt jetzt? Wie sieht es aus, wenn du dich mit dem neuen Chef nicht verstehst? Wie wird er in 1 Jahr deine Arbeit beurteilen? Wer schlau ist, sichert sich an den richtigen Stellen ab. Typische Veränderungen sind: Umorganisationen, euer Unternehmen wird verkauft, du wechselst intern die Stelle, du gehst in Elternzeit. Oder du wirst befördert und übernimmst mehr Verantwortung.
In solchen Umbruchphasen bittest Du um ein Zwischenzeugnis. Ein Zwischenzeugnis ist besonders wertvoll, da es ein offizielles Dokument des Unternehmens ist. Achtung: Die Bitte um ein Zwischenzeugnis wird im Unternehmen oft als Zeichen von Unzufriedenheit gesehen oder als Signal des Weggangs – bereite deine Bitte also gut mit Argumenten vor, damit sie nicht missverstanden wird.
Jeder Arbeitnehmer kann grundsätzlich von seinem Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis verlangen, wenn er dafür einen triftigen Grund angeben kann. Was unter „triftigen Gründen“ zu verstehen ist und wann ein Arbeitnehmer Anspruch auf ein Zwischenzeugnis hat, ist meist im geltenden Tarifvertrag geregelt. Triftige Gründe können beispielsweise dann gegeben sein, wenn…
- dein Vorgesetzter wechselt,
- du intern deinen Arbeitsplatz wechselst,
- deine langjährige Beschäftigung bislang nicht beurteilt wurde,
- eine Betriebsübernahme ansteht.
Vielleicht hast du keinen rechtlichen Anspruch darauf, aber wenn du eine geschätzte Mitarbeiterin bist, wird man den Wunsch nicht grundsätzlich ablehnen. ABER: Es bedeutet für deinen Chef viel Arbeit, besonders, wenn er im Zeugnis schreiben nicht geübt ist. Oft wird das Zeugnis auch in der Personalabteilung aufgrund weniger Notizen erstellt – eben aufgrund der Informationen, die man dort zur Verfügung hat. Wenn du mit dem Zeugnis nicht einverstanden bist, musst du deine Sichtweise belegen können. Wie erinnerst du dich an die Situation vor 5 Jahren? Wie gut, dass du deine Materialsammlung der Rückmeldungen und Notizen hast.
Und noch ein Tipp: Nutze die Psychologie: Ein gutes Arbeitszeugnis zu schreiben ist ein Aufwand von mehreren Stunden. Angenommen, du wirst befördert. Versetze dich in die Situation deines Chefs als Mensch: Er verliert gerade eine seine besten Mitarbeiterinnen, und jetzt soll er noch stundenlange Arbeit in ein Zwischenzeugnis investieren, was er selten tun muss. Diese Situation ist unangenehm. Also erleichtere ihm seinen Job: Du bietest du ihm an, einen Entwurf vorzulegen. Der Vorteil ist klar: Dieser Entwurf wird von dir formuliert, ist also „dein perfektes Zeugnis“. Damit liegt der „Schwarze Peter“, der hohe Arbeitsaufwand, zwar bei Dir und du musst dir erst das nötige Fachwissen aneignen. Natürlich braucht es einige Übung und Versuche, ein fehlerfreies und wirksames Arbeitszeugnis zu erstellen. Aber die Arbeit lohnt sich. Ist es ein guter Entwurf, wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit 1:1 übernommen. Wenn Du unsicher bist, ob dein Entwurf geeignet ist, kann ich nur empfehlen, sich Rat von einem Fachmann bzw. einer Fachfrau zu holen. Unter den vielen selbst geschriebenen Entwürfen für Arbeitszeugnisse, die ich gesehen habe, war noch keiner, in den man nicht entscheidende Verbesserungen einbauen konnte. Rat vom Fachmann/-frau ist der effektivste und schnellste Weg zum professionellen Zeugnis.
Mit Zwischenzeugnissen dokumentierst du wesentliche Schritte deiner beruflichen Weiterentwicklung, mit der Feedback-Sammlung kannst du die Schritte belegen.
Deshalb erinnere ich dich noch einmal an den Anfang: Im Job läuft es gerade richtig rund, und es gibt – psychologisch verständlich – keinen Grund, in irgendeiner Weise aktiv zu werden. Die Welt ist in Ordnung und es gibt so viele Wichtigeres zu tun. Mein Tipp zum Sammeln von Feedbacks ist eine klassische „B-Aufgabe“: Wichtig, aber ohne Termin. Damit droht ihr das Schicksal so vieler B-Aufgaben: Du machst es morgen. Nein! Jetzt ist der Moment, in dem du etwas für dich tust, etwas Wichtiges für deinen beruflichen Erfolg. Das ist legitim und gehört auch zum Job. Jetzt kümerst du dich um dich.
Übrigens: Meine Tipps haben sich auch für Gehaltsgespräche als sehr nützlich erwiesen.